Zulässigkeit von Leistungsdaten in Echtzeit

Wenn Organisationen Leistung und Verhalten der Beschäftigten überwachen wollen, ist dies nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Ein Urteil gibt Hinweise dazu.

Übersicht

  1. Der Fall
  2. Leistungsdaten in Logistikprozessen
  3. Untersagung der Datenverarbeitung
  4. Verarbeitung wird als erforderlich angesehen
  5. Fazit

1) Der Fall

Leistungsdaten

In dem vom Verwaltungsgericht Hannover behandelten Fall betreibt ein Unternehmen ein großes Logistikzentrum in Niedersachsen. Das Zentrum erstreckt sich über 64.000 Quadratmeter und beschäftigt zwischen 1.700 und 2.200 Mitarbeiter. Diese Mitarbeiter bearbeiten täglich durchschnittlich 220.000 Pakete, was 153 Paketen pro Minute entspricht. Das Unternehmen garantiert Termine für den Paketversand, was bedeutet, dass nur etwa vier Stunden zwischen der Auftragserteilung und der Übergabe der Pakete an das Transportunternehmen verbleiben.

2) Leistungsdaten in Logistikprozessen

Die Mitarbeiter nutzen Handscanner, die jeden Arbeitsschritt in Echtzeit dokumentieren, und die Auswertung erfolgt über verschiedene Softwares. Das Unternehmen nutzt die minutengenauen Leistungswerte der Mitarbeiter, um die Logistikprozesse zu steuern. Ein aktuelles Urteil klärt die Zulässigkeit dieser Datenerhebung und Überwachung. Beispielsweise reagiert das Unternehmen auf zu langsame Paketabfertigung in bestimmten Bereichen durch Umverteilung von Mitarbeitern. Dank der Handscanner können die Mitarbeiter im gesamten Logistikzentrum jederzeit lokalisiert werden. Die Leistungsdaten werden auch für flexible Einsatzplanung sowie Feedbackgespräche, berufliche Qualifizierungen und Personalentscheidungen wie Ent- oder Weiterbefristung von Arbeitsverträgen verwendet.

3) Untersagung der Datenverarbeitung

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen startete 2017 eine datenschutzrechtliche Untersuchung gegen das Unternehmen. Im Jahr 2020 präsentierte das Unternehmen Datenschutz-Folgenabschätzungen für verschiedene Anwendungen. Im Oktober 2020 untersagte die LfD dem Unternehmen die kontinuierliche Erhebung von aktuellen und minutengenauen Leistungsdaten der Mitarbeiter für die Erstellung von Profilen, Feedbackgesprächen und Prozessanalysen. Die LfD begründete dies mit einem Verstoß gegen § 26 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), da die minutengenaue Erfassung nicht notwendig sei und einen unverhältnismäßigen Druck auf die Mitarbeiter ausübe. Das Unternehmen hat gegen diese Untersagung vor dem Verwaltungsgericht Hannover geklagt.

4) Verarbeitung wird als erforderlich angesehen

Das Verwaltungsgericht Hannover hat am 9. Februar 2023 die Klage des Unternehmens (Az. 10 A 6199/20) angenommen und die zuvor ergangene Untersagungsverfügung aufgehoben. Das Gericht stützt die Datenverarbeitung auf Artikel 88 Absatz 1 DSGVO in Verbindung mit § 26 BDSG und erklärt sie als rechtmäßig. Die kontinuierliche Erfassung der Leistungsdaten der Mitarbeiter wird als erforderlich im Sinne von § 26 BDSG betrachtet, da sie geeignet ist, den Hauptzweck, einen reibungslosen Ablauf im Logistikzentrum, zu erreichen. Es gibt laut dem Gericht kein milderes Mittel als die Erfassung mittels Handscannern, um den zügigen Ablauf zu gewährleisten.

Die Erfassung für Feedbackgespräche und Qualifizierungen wird als geeignet und erforderlich angesehen, da sie eine objektive Grundlage für die Bewertung der Leistung der Mitarbeiter bietet. Das Gericht betrachtet die Erfassung als verhältnismäßig, transparent und beschränkt auf den geschäftlichen Bereich, ohne Verhaltensdaten aus der Privatsphäre zu erheben. Es betont außerdem Zugriffsbeschränkungen und ein umfangreiches Berechtigungskonzept im Unternehmen. Die Erfassung dient auch als objektive Grundlage für Beförderungen, was laut dem Betriebsrat im Interesse der Beschäftigten liegt.

5) Fazit

Das Verwaltungsgericht Hannover hat zugunsten eines Logistikunternehmens entschieden, dass die minutengenaue Erfassung der Leistungsdaten der Mitarbeiter rechtlich zulässig ist. Das Gericht argumentiert, dass diese Datenerhebung notwendig und verhältnismäßig ist, um den reibungslosen Betrieb des Logistikzentrums und die Einhaltung von Terminzusagen zu gewährleisten. Die Entscheidung betont die transparente und geschäftliche Natur der Datenverarbeitung sowie deren Rolle bei Mitarbeiterbewertungen und Beförderungen.

Verantwortliche sollten allerdings beachten, dass das Urteil nur für den konkreten Einzelfall gilt, den das Gericht entschieden hat. Am Ende bleibt zu empfehlen, sich mit dem DSB abzustimmen.
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Quelle: Viele der Gedanken hier haben wir aus der Zeitschrift „Datenschutz-Praxis“, Ausgabe 03/2024

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