NIS2 – die neue EU-Richtlinie

Neue umfangreiche Vorgaben für Betreiber kritischer Infrastrukturen: Eine umfassende Analyse und Vorbereitung auf die NIS2-Richtlinie sind unerlässlich.

Organisationen, insbesondere Betreiber kritischer Infrastrukturen, stehen vor bedeutenden Veränderungen, da bald neue umfangreiche Vorgaben im Rahmen der NIS2-Richtlinie erwartet werden. Diese Richtlinie wird die bisherige NIS-Richtlinie vollständig ersetzen und erhebliche Auswirkungen auf die Compliance-Anforderungen haben. Um diesen gerecht zu werden, ist eine genaue Analyse und eine sorgfältige Vorbereitung auf die bevorstehenden Änderungen unerlässlich.

Übersicht

  1. Hintergrund und aktuelle Rechtslage
  2. Neue EU-Regelung: NIS2
  3. Unterschiede zwischen NIS und NIS2
  4. Empfehlungen für die Umsetzung
  5. Ausblick und mögliche Sanktionen
  6. Fazit und Rolle der Datenschutzbeauftragten
NIS2

1) Hintergrund und aktuelle Rechtslage

Derzeit bilden die NIS-Richtlinie (= Netz- und Informationssicherheit) und das IT-Sicherheitsgesetz (IT-SiG) in Deutschland den rechtlichen Rahmen für den Umgang mit Sicherheitsrisiken in kritischen Infrastrukturen. Diese Regelungen legen fest, welche Maßnahmen Betreiber ergreifen müssen, um die Cybersicherheit ihrer Infrastrukturen zu gewährleisten und auf Sicherheitsvorfälle angemessen zu reagieren.

2) Neue EU-Regelung: NIS2

Die NIS2-Richtlinie (= zweite Richtlinie über die Netz- und Informationssicherheit) ist bereits in Kraft getreten und wird die bisherige NIS-Richtlinie vollständig ersetzen. Sie führt erhebliche Änderungen in Bezug auf den Anwendungsbereich, die Meldepflichten und die Anforderungen an das Risikomanagement ein. Die Mitgliedstaaten, einschließlich Deutschland, haben bis Oktober 2024 Zeit, um diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Dies erfordert eine Anpassung des IT-Sicherheitsgesetzes und anderer relevanter Vorschriften.

3) Unterschiede zwischen NIS und NIS2

Die NIS2-Richtlinie – im Vergleich zur NIS-Richtlinie – weist einige signifikante Unterschiede auf, die den Umgang mit Netz- und Informationssicherheit in der EU verändern. Zunächst erweitert die NIS2-Richtlinie ihren Anwendungsbereich beträchtlich. Während die NIS-Richtlinie hauptsächlich auf den Schutz von kritischen Infrastrukturen abzielte, umfasst die NIS2-Richtlinie eine breitere Palette von Organisationen, einschließlich digitaler Diensteanbieter wie Online-Marktplätze, Suchmaschinen und Cloud-Computing-Dienste. Diese Erweiterung soll sicherstellen, dass alle relevanten Akteure angemessen geschützt sind, da digitale Dienste in nahezu allen Wirtschaftszweigen eine zunehmend wichtige Rolle spielen.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt in den strengeren Meldepflichten der NIS2-Richtlinie. Während die NIS-Richtlinie bereits Meldepflichten für Sicherheitsvorfälle enthielt, verschärft die NIS2-Richtlinie diese Anforderungen erheblich. Sie legt genauere Kriterien fest, wann und wie Sicherheitsvorfälle gemeldet werden müssen, und verlangt von den betroffenen Organisationen eine schnellere und umfassendere Reaktion auf solche Vorfälle.

Zusätzlich stellt die NIS2-Richtlinie erweiterte Anforderungen an das Risikomanagement. Organisationen müssen sicherstellen, dass sie angemessene technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um Cybersicherheitsrisiken zu beherrschen. Dazu gehören die Implementierung von Risikoanalyse- und Sicherheitskonzepten für IT-Systeme, die Einführung von Prozessen zur Bewältigung von Sicherheitsvorfällen und Maßnahmen zur Sicherheit von Lieferketten.

Insgesamt verdeutlichen diese Unterschiede, dass die NIS2-Richtlinie einen weiter gefassten und strengeren Ansatz zur Gewährleistung der Netz- und Informationssicherheit verfolgt als ihre Vorgängerin. Ihr Ziel ist es, die digitale Resilienz aller relevanten Akteure zu stärken und die Reaktionsfähigkeit auf Cybersicherheitsvorfälle zu verbessern, um die Sicherheit und Stabilität der digitalen Infrastrukturen in Europa zu gewährleisten.

4) Empfehlungen für die Umsetzung

NIS2
  1. Prüfen, ob die Organisation betroffen ist: Angesichts des erweiterten Anwendungsbereichs der NIS2-Richtlinie ist es entscheidend, zu überprüfen, ob die Organisation den neuen Regelungen unterliegt.
  2. Schwellenwerte prüfen: Organisationen müssen die Schwellenwerte für Mitarbeiterzahl und Umsatz beachten, um festzustellen, ob sie den Vorschriften der Richtlinie entsprechen müssen.
  3. Zusätzliche Maßnahmen vorbereiten: Die NIS2-Richtlinie legt erweiterte Anforderungen an das Risikomanagement fest, daher müssen Organisationen angemessene technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen, um Cybersicherheitsrisiken zu beherrschen.
  4. Meldewege einrichten: Die Richtlinie verschärft die Meldepflichten bei Cybervorfällen erheblich. Organisationen müssen entsprechende Meldeprozesse etablieren, um den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden.
  5. Registrierung: Für bestimmte Organisationen ist eine Registrierung bei den nationalen Behörden erforderlich.

5) Ausblick und mögliche Sanktionen

Die Umsetzung der NIS2-Richtlinie in Deutschland wird voraussichtlich durch das „NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz“ erfolgen. Es ist zu erwarten, dass die neuen Regelungen zusätzliche Anforderungen an die Organisationen stellen werden und dass bei Nichteinhaltung erhebliche Bußgelder verhängt werden können. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Organisationen die neuen Anforderungen rechtzeitig umsetzen, um die Sicherheit und Stabilität ihrer Infrastrukturen zu gewährleisten.

6) Fazit und Rolle der Datenschutzbeauftragten

Als Datenschutzbeauftragte spielen wir eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Organisationen. Wir können dabei helfen, die Organisationen bei der Analyse der neuen Vorgaben zu unterstützen, die Datenschutzkonzepte und -maßnahmen zu überprüfen und anzupassen, Schulungen für Mitarbeitende durchzuführen und sicherzustellen, dass die erforderlichen Melde- und Registrierungsprozesse implementiert werden. Durch eine proaktive Beratung und Unterstützung können wir dazu beitragen, dass die Organisationen die neuen Anforderungen effizient und rechtzeitig umsetzen und so die Sicherheit und Stabilität ihrer Infrastrukturen gewährleisten.

Melden Sie sich gerne bei weiteren Fragen.

Quelle: Viele der Gedanken hier haben wir aus der Zeitschrift „Datenschutz-Praxis“, Ausgabe 12/2023

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